12.2.2013

7 Lektionen aus Kampfkunst

Seit vielen Jahren übe ich mich im Zweikampf. Erst war es Kung Fu, jetzt bin ich fleissig dabei, Brasilian Jiu Jitsu zu erschließen.

Jenseits von Hebeln und Tritten sind es Parallelen zur Arbeits- und Lebensweise, die mir ständig auffallen.

Nachhaltigkeit

Die Beharrlichkeit, mit der trainiert werden muss, um besser zu werden. Keine Erfolge ohne Schwitzen, keine Muskeln ohne Übungen, keine Schnelligkeit und Ausdauer ohne entsprechendes Training.

Ob Studium, alltägliche Arbeit oder Beziehungen – Erfolg hängt davon ab, ob dazu nötige Ausdauer vorhanden ist. Wer nicht dran bleibt, fliegt raus. Wer sich nicht reinbeisst, wird nicht professionell und entwickelt sich nicht weiter.

Beim Training ist es sehr auffällig, wie die Wegfallrate sich bestätigt. Jeder Frischling kommt mit dem Wunsch, Bruce Lee oder Carlos Gracie zu werden. Zwei Monate später ist die Hälfte der Anfänger wieder weg. Nach 2 Jahren nur noch ein paar übrig, doch sind sie keine Anfänger mehr.

Bescheidenheit

Der Weg zur Demut führt über Charakterwachstum. Es ist leicht zu glauben, der Tollste zu sein, vor allem wenn man sich nicht den Herausforderungen stellt. Nach den ersten Niederlagen sieht es ganz anders aus. Es ist das Verlassen der sicheren, gemütlichen Zone der Selbstzufriedenheit, die zu wirklichen Charakterstärkung führt. So leicht wie es ist, der Beste unter den schwächeren zu sein, umso größer ist das Gefühl, der schwächere unter den stärksten zu sein und führt direkt zum nächsten Punkt.

Respekt

Respekt und Anerkennung anderer. Jeder hat seine Stärken und Schwächen, doch in der Regel ist jeder Mensch dankbar für den erwiesenen Respekt. Wer mit Respekt behandelt, wird mit Respekt behandelt. Kaum etwas trübt mehr, als die Fehleinstellung, niemandem respektvoll gegenüber sein zu müssen. Die Respektlosigkeit ist eine heilbare Krankheit und wird innerhalb des Ringes sehr effektiv ausgemerzt. Wer kein Respekt vor seinen Opponenten hat, macht früher oder später die bittere Erfahrung der Selbstüberschätzung, welche zu peinlichen Niederlagen führt.

Auch in der Arbeit heisst es, Ansichten und Meinungen anderer zu respektieren.

Mannschaft

Keine Kampfkunst kann alleine gelernt werden. Benötigt wird ein Trainer, der neues Material beibringt und auf Fehler hinweist. Genauso wichtig sind Partner, mit denen trainiert werden kann. Je größer die Auswahl an verschiedenen Typen, umso umfangreicher wird eigenes Technikarsenal.

Im Beruf ist es ähnlich: alleine beim weiten nicht so effektiv, wie in einer Mannschaft. Je mehr verschiedener Profis mitmachen, umso facettenreicher ist das Endergebnis.

Ego-Zange

Durch Erfolge und Erfahrung kommt irgendwann das Gefühl, unbesiegbar zu sein. Eigene Meinung immer richtig. Eigene Handlung immer die beste. Im Kampf wird die Gegenerfahrung schnell gesammelt. Die jüngeren haben mehr Kraft, mehr Draufgängertum. Einer mit 30 Kilo mehr auf den Knochen eine gewaltigere Wucht.

Es ist immer ganz gut, eigenes Ego wieder einstecken zu können. Zu merken, dass es noch Raum für Weiterentwicklung gibt. Dass die Decke eine vermeintliche ist. Wenn an der gestoßen wird, ist vielleicht der ganze Raum zu klein geworden.

Schachspiel

Jiu Jitsu ist Körperschach. Es werden eigene Vorteile geopfert, um den Gegner in die gewünschte Lage zu bringen, ausgetauscht und taktisch in die Enge getrieben. Stumpfe Gewalt und Krafteinsatz führt eher in die Schlinge und Aussichtslosigkeit. Um gut zu sein, reicht es nicht zu wissen, wie welche Techniken gehen. Strategie und Taktik müssen entwickelt, Voraussicht geübt werden. Erkennen, was die nächsten Schritte des anderen sein werden und denen noch zwei Schritte im Voraus sein – das ist eine Erfolgsstrategie.

Gilt im Business genauso. Mit Druck arbeiten, aber eine sichere Basis aufbauen. Bereiche aufgeben, ohne das Hauptziel aus den Augen zu verlieren.

Einfach machen

Im Geschäft wird dieser Fehler oft getan: statt Geld durch die Ausführung der Idee einzutreiben, werden Sites gebaut, Apps entwickelt, monatelang Mockups erstellt, passende Werkzeuge und Methodologien gesucht. Statt konkrete Leute nach konkretem Geld für konkrete Dienstleistung zu fragen.

In der Kampfkunst lernt man, dass es nur durch den harten Weg der Ausführung geht. YouTube-Videos mit Techniken sind toll, ersetzten aber nicht das eigentliche Training. Auf die Matte gehen, Techniken versuchen. Die Versagensangst schwindet mit der Zeit, weil ab und zu Erfolge eintreten. Dann immer mehr. Irgendwann ist einer Fortgeschritten und bringt sogar Neulingen Techniken bei.

Dieser Prozess des «Learning by Doing» ist sehr wertvoll im Business. Machen, statt zu lange überlegen. Ausprobieren, statt Zweifel zu füttern.

Ich kann jedem Klugscheisser und Besserwisser – zu denen ich mich selbst zähle – nur empfehlen, sich einen passenden Zweikampf auszusuchen. Jenseits von gesundheitlichen Vorteilen ist es die effektivste Methodik, eigenes Ego in Griff zu bekommen.

© 2015 Kopfkraftwerk
mailbox@kopfkraftwerk.de